Wo die Nethe entspringt
Neuenheerse ist der Quellort des etwa 50,4 km langen Flusses Nethe, der in östliche Richtung fließt und in Godelheim in die Weser mündet. Auf ihrem Weg passiert die Nethe, nachdem sie zuvor den Nethestausee in Neuenheerse speist, die Orte Willebadessen, Fölsen, Niesen, Siddessen, Rheder, Riesel Brakel, Erkeln, Beller, Hembsen, Bruchhausen, Ottbergen sowie Ameluxen.
Joseph Hilker hat in seinem 1968 zum 1100-jährigen Ortjubiläum erschienen Buch die Nethe wie folgt beschrieben [Hilker, Joseph, "1100 Jahre Neuenheerse", Neuenheerse 1968, Seite 225 - 228]:Das Niederschlagsgebiet der Nethe ist hauptsächlich der Klusenberg, der mit einem nach Süden hin vorstoßenden Ausläufer bis in die Mitte des Dorfes geht. Aus diesem Bergvorsprung, auf dem sich einst die Burg der Ritter zu Heerse erhob, quillt aus der Tiefe des Kalkfelsens seit Jahrtausenden das Wasser der Nethe. Die Burg zerfiel, und um die Quelle erhoben sich Gehöfte und Häuser. Die Dorfbewohner schöpften das Wasser entweder an der Quelle oder an der Wasserstellen des Baches. So blieb es in all den vielen Jahren bis kurz vor dem ersten Weltkrieg, als der Ort eine Wasserleitung bekam. Weil nach dem zweiten Weltkrieg die Quellen der Wasserleitung sich zu klein erwiesen, musste die Nethe wieder aushelfen. Da ihr Wasser nach den heutigen Vorstellungen der Kreisbehörden nicht einwandfrei für menschliche Bedürfnisse ist, musste das Wasser gechlort werden. An regenreichen Tagen und nach starken Gewittern sickern die Niederschläge schnell durch den rissigen Kalkboden und nehmen eine gelbliche Tönung an. Nicht weit von der Hauptquelle entspringt unterhalb des Hauses Rohde Haus-Nr. 107 eine weitere starke Quelle, der Crullsbrunnen, benannt nach dem Beneficiaten Johannes Crull, der dieses Haus als Beneficium besaß. In Stiftszeiten ging von diesem Brunnen eine Wasserleitung in Buchenröhren (Piepen genannt) zum Kalandshause und zur Abtei. Auch die Brunnen bei dem früheren Tilly'schen Hause und auf dem Hofe des Forsthauses Haus-Nr. 138, sowie die Quellen zu den ehemaligen Fischteichen der Pfarrhäuser gehören in dieses Quellengebiet. Bis vor einigen Jahren war die Umgebung der Hauptquelle in einem unwürdigen Zustande. Bei der Verbreiterung der Hauptstraße „im Weist" im Jahre 1926 von 4,50 m auf 8,00 m verwandte man einen Teil der anfallenden Erdmassen, den Hang der Quelle anzuschütten; der Quellenmund wurde in Beton und Mauerwerk eingefasst. Die damals angepflanzten Birken und Kopfweiden vermochten nur ein wenig, der Umgebung ein besseres
Bild zu geben.
Erst als es vor einigen Jahren der Gemeinde nach langen Verhandlungen gelang, einen Zugang zu der Quelle zu erwerben, konnte an eine Neufassung der Quelle und eine Gestaltung der Umgebung gedacht werden. Nach den Plänen des Kreisamtmanns Möller, Warburg, erhielt die Quelle eine saubere Sandsteinwölbung. Eine bogenförmig ausgeführte Steinmauer staute das Quellwasser, um es schließlich in mehreren kleinen Kaskaden abfließen zu lassen. Das alte Bachbett wurde neu mit einer Sandsteinmauer eingefasst und ein Teil des Bachlaufes mit Steinplatten überdeckt. Zur Quelle führen nun zwei Wege, der eine kommt von der Hauptstraße her und ist mit Platten und Marsberger Kies gehärtet, während der andere von Norden her in Treppen zu dem nie versagenden Born führt. Der Quellenhang ist mit Koniferen, Ziersträuchern und Steingewächsen bepflanzt. Ruhebänke laden zum Verweilen ein. Viele Besucher kommen jetzt gern zu der Quelle, wo nach den Worten des Heimatdichters Friedrich Wilhelm Weber der Nethegau beginnt, den er in seinem Epos „Dreizehnlinden" besungen hat. Unmittelbar hinter der früheren ersten Wasserentnahmestelle steht auf der Brücke das lebensgroße Standbild des hl. Johannes von Nepomuk. In den letzten fünfzig Jahren ist die Hauptstraße mehrere Male verbreitert worden, da hier die Landstraßen nach Paderborn und Lichtenau abzweigen. Vor dieser Zeit, als die Straße noch schmal war, ist das Standbild zweimal in den Bach gestürzt, das letzte Mal geschah es durch einen Langholzwagen. Nach der Straßenverbreiterung wurde es schließlich auf die jetzige Brückenseite gesetzt.
Das Standbild wurde von dem Danziger Bildhauer Johannes Gotfried Buch im Jahre 1767 gehauen. Er hat auch das „Hohe Kreuz" in Kleinenberg am Ende der Kreuzweg-Allee angefertigt, ebenso das Kreuz mit Corpus über dem westlichen Hauptportal der dortigen Wallfahrtskirche. Er starb mit 30 Jahren und wurde als ein „sehr tüchtiger Bildhauer" bezeichnet. Die Nethe fließt dann durch den Park und speist die Gräfte, die der Abtei ein herrschaftliches Gepräge gibt. In Stiftszeiten diente die Gräfte als Wasserspeicher für die anliegende Obere Mühle. Im Park erhält die Nethe noch Zufluss von dem Silbergraben, dem Weihenteich und der Hunnebieke. Der Weihenteich ist die westlichste Nebenquelle der Nethe und entspringt „In den Twieten". Sie ist sehr wasserstark. Als die Hauptquelle im Sommer 1911 versiegte, versorgte sie den größten Teil des Dorfes mit Trinkwasser.
Seminaroberlehrer Wilhelm Oeke schrieb am 1. September 1910:
Johannesbrücke
Allhier steht auf der Nethebruck
In Stein Johann von Nepomuk.
Der ist schon zweimal in die Nethe gerissen
Der Prager hat nur einmal ertrinken müssen.
Seminaroberlehrer Oeke deutete den Namen „Weihenteich" mit geweihter Teich. Das Wasser dieser Quelle wurde in den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg in den Hochbehälter gepumpt, um besonders die hochgelegenen Häuser an der „Kallen Wägge" zu versorgen. In der großen Trockenheit im Sommer 1959 ließ die Weihenteichquelle immer mehr nach, um schließlich zu versiegen. Erst zu Anfang 1963 floss sie wieder in alter Stärke. Der Silbergraben entspringt unterhalb Wiederholds (Bremers) Hause an der ehemaligen Ziegelei. Diese Quelle trat zutage bei den Schürfungen nach Erz im Jahre 1765 im Wennekenbruch und Schild und erhielt die Bezeichnung Silbergraben. Das Bächlein Isers Bürneken entspringt etwa 100 m unterhalb Peters Kreuz, dicht an der Landstraße, die nach Schwaney führt. Das Wasser dringt aus Sandgestein hervor, das mit dicken Eisenadern durchzogen ist. Dieses Bächlein fließt durch den Buchenwald und die Wiesen. Zur Stiftszeit speiste es den Fischteich „Papendiek". Schon in der Feldflur und vor allem im Dorfe führt es die alte Bezeichnung nicht weiter, sondern heißt hier Hunnebieke.
Durch diese Zuflüsse ist die Nethe zu einem stattlichen Bache geworden. Bei sehr starken Regenfällen ging die Nethe früher über die beiden Fußgängerbrücken hinweg und machte auch die Furt für Fahrzeuge aller Art unpassierbar. Im Sommer 1967 wurde hier durch eine Kanalisierung Abhilfe geschaffen. Von der Oberen Mühle ist nur noch das alte Fachwerkhaus geblieben. Das Mühlenrad ist seit Anfang dieses Jahrhunderts verschwunden, und der kleine Mühlengraben von der Gräfte her läuft unterirdisch der Nethe zu. Zwischen Taildor und In der Aale verlässt die Nethe das Dorf und eilt an der Unteren Mühle vorbei, die nach dem zweiten Weltkrieg den Mahlbetrieb einstellte. Sie umfließt den Südhang des Bollberges und verlässt bald darauf die Gemarkung Neuenheerse.